Auf dem Weg zum Bahnhof fahre ich mit meinem Rad beim Sozialmarkt in der Kaufmanngasse, Klagenfurt vorbei. Es herrscht reger Betrieb. Ich erinnere mich wohlwollend an die Zeit, als ich dort eingekauft habe. Mit Lachs und Erdbeer-Joghurt, Lipdauer-Brotaufstrichen und Suppengewürz hat mich dieser Markt bei knapper Kassa über die Runden gebracht.
„Vor allem ältere Frauen kommen hier her zum Einkaufen; weil Altersarmut ist weiblich!“ Das hat Liselotte Suette, die Geschäftsführerin des Sozialmarktes Kärnten, einmal beim Kassieren zu mir gesagt. „Viele Frauen haben ihr Leben lang gearbeitet“, führte sie damals weiter aus. „Sie waren erwerbstätig, haben Kinder aufgezogen, jemanden aus der Familie gepflegt oder beim Mann mitgearbeitet. So fallen viele aufgrund einer zu niedrigen Pension in die Armut. Ihnen gehen einfach die Pensionsjahre ab.“ Ziemlich wachgerüttelt bin ich damals aus dem Sozialmarkt herausgegangen. Seit dem Kassagespräch hat sich für Frauen über 65 Jahre wenig verändert.
Zahlen, Daten und Fakten
Von den rund 8,6 Millionen Österreicherinnen und Österreichern sind 1,4 Millionen über 65 Jahre alt. Davon sind laut Statistik Austria 59.000 Männer und 147.000 Frauen trotz Pensions- und Sozialleistungen armutsgefährdet. Das bedeutet, dass ihnen – bei einem Einpersonenhaushalt – weniger als 1.259 € zur Verfügung steht.
Am 3. August 2019 haben Kärntens Männer laut Städtebund bereits so viel Pension erhalten, wie Kärntens Frauen bis 31. Dezember 2019 bekommen werden. Anders gesagt: Frauen beziehen in Kärnten im Schnitt eine um rund 41% niedrigere Pension als Männer. Während das mittlere Bruttojahreseinkommen der Kärntner Pensionisten im Jahr 2017 bei 24.202 € lag, erhielten Frauen in der Pension 14.255 €.
Es sind drei Hauptursachen für die niedrigen Pensionen von Frauen: Niedrige Löhne, Teilzeittätigkeit und Kinderbetreuung.
Frauen verdienen in Kärnten 20,7% weniger als Männer, da sie häufiger in Branchen und Berufen arbeiten in denen schlechter bezahlt wird. In etwa die Hälfte der schlechteren Bezahlung ist aber nicht erklärbar. Frauen bekommen während ihrer Verdienstjahre im Durchschnitt weniger Gehalt, gegebenenfalls auch weniger Arbeitslosengeld und schließlich eine niedrigere Pension.
Kommt ein Kind auf die Welt, finden sich rund 45% der Jungfamilienfinden im klassischen Eineinhalb-Verdiener-Modell wieder: Der Mann arbeitet Vollzeit, die Frau Teilzeit. Der Mann verdient zu diesem Zeitpunkt schon mehr und die Frau als Hauptverdienerin lohnt sich nicht. Die Erwerbstätigkeit des Mannes tritt in den Vordergrund und die Frau wird in eine benachteiligende Position gebracht. In Kärnten gehen knapp 46% der Frauen, aber nur 8,4% der Männer einer Teilzeitbeschäftigung nach.
Frauen legen oft eine Pause zur Kinderbetreuung ein und gehen einer Teilzeitbeschäftigung nach während die Kinder aufwachsen. Unterbrechungen und Teilzeitbeschäftigungen führen langfristig zu niedrigeren Einkommen und wirken sich negativ auf die Erwerbs- und Karrierechancen der Frau aus. (Kärntner Frauenbericht 2017)
Die Pension richtet sich nach der Höhe der Pensionszahlungen und der Anzahl der eingezahlten Beitragsjahre. Damit wird die männliche "Norm(al)-Erwerbsbiographie" belohnt. So reicht bei viel mehr Pensionistinnen als Pensionisten am Ende des Monats das Geld trotz Ausgleichszulage nicht aus. Altersarmut für Frauen hat System. Die mehr als bekannten Forderungen nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit und einer solidarischen Aufteilung unbezahlter Arbeit in Partnerschaften erhalten anlässlich des Equal-Pension-Day ihre notwendige Dringlichkeit.
Informationen zum Euqual Pension Day:
- https://www.staedtebund.gv.at/themen/frauen/equal-pension-day/
- Kärntner Frauenbericht 2017
Alexander Brenner, BA MA
Koordinator des Kärntner Netzwerks gegen Armut und soziale Ausgrenzung
office@armutsnetzwerk.at